6.5.2008: Berlin, Stadion am Wurfplatz, Autonama – Israel 4:2 (3:0)

Spielbericht:

Ja, wir sind auf dem Olympiagelände. Das Marathontor im Blick, auch den Glockenturm. Davor die Autorenfußballnationalmannschaften Israels und Deutschlands. Die Hymnen werden mehrheitlich nicht mitgesungen, aber erlebt. Tatsächlich, Außenminister Steinmeier ist gekommen und begrüßt die Teams herzlich, der DFB ist zahlreich anwesend, zumal das Spiel von der Kulturstiftung des Deutschen Fußballverbandes präsentiert und entscheidend unterstützt wird. Um 14:05 Uhr wird daher, nach einem schönen Mannschaftsgesamtfoto, nicht nur ein Länderspiel angepfiffen, sondern die in Zukunft hoffentlich weiter wachsende Writers League for freedom.

Vor etwa 200 Zuschauern gelten die ersten zwanzig Minuten dem gegenseitigen Kennenlernen. Abtasten ist das falsche Wort, denn berührt wird sich nicht. Der Rasen im Amateurstadion der Hertha ist tief, mancher Ball bleibt auf halber Strecke liegen, Sicherheit regiert. Lior Garti bringt die Kugel als erster aufs deutsche Tor, auf der Gegenseite steht Rinke bei Kröcherts Knaller nicht nur im Weg, sondern auch im Abseits. Dann ist der Israeli Dovi Keich links durch, seine Flanke findet keinen Abnehmer.

Auch wenn Döring an Alon Mordi scheitert, so läutet seine erste echte Torchance (23.) doch die spielentscheidende Drangperiode der deutschen Mannschaft ein, die schon bald belohnt wird: Kapitän Ralf Bönt wird im Strafraum gelegt, verwandelt den Elfmeter selbst souverän ins rechte untere Eck – 1:0 (26.). Kurz darauf rettet Lior Garti einen Kopfball von Daniel Siemens auf der Linie, den strammen Nachschuss von Döring hält Mordi gut. Dann setzt sich Kröchert schön über rechts durch, und seine Flanke senkt sich im Fünfmeterraum direkt auf Rinkes Stirn, 2:0 in der 29. Minute. Ein tolles Tor, wunderbar vorbereitet vom in der ersten Hälfte stärksten deutschen Spieler. Kröchert tankt sich auch in der 40. Minute noch einmal durch den israelischen Strafraum, zielt aber, kraftlos geworden, vorbei. Hinten brennt in der ersten Hälfte überhaupt nichts an, Schieke klärt kompromisslos vor Baram zur Ecke, Garti kann Ostermaier nicht wirklich prüfen. Dumm für die Gäste: Nach einem verunglückten Abstoß lässt Shalev kurz vor der Pause gegen den durchbrechenden Rinke den Fuß stehen, und es gibt zu Recht den zweiten, aber nicht letzten Strafstoß des Tages: Siemens wählt die gleiche Ecke wie Bönt, genauso sicher schlägt der Ball zum 3:0- Pausenstand ein. Die Israelis, zwanzig Minuten lang ebenbürtig, lassen Zweikampfstärke vermissen, haben sich die Partie aus der Hand nehmen lassen.

Ein anderes Bild allerdings nach der Pause. Beide Mannschaften wechseln jetzt auf mehreren Positionen, und nachdem Bönt mit strammem Schuss aus 18 Metern schnell auf 4:0 erhöht hat (50.) und auch einen weiteren schönen Linksschuss folgen lässt, nehmen die Gäste ihr Herz in die Hand. Durchweg sind sie jetzt aggressiver am Mann, gewinnen zweite Bälle, und dass Gavrons Ehrentreffer zunächst nicht zählt, weil Baram Ostermaier angegangen haben soll, ist die einzig zweifelhafte Entscheidung des guten Schiedsrichters Daniel Siebert. Doch die Israelis beschweren sich nicht, konzentrieren sich im Gegenteil auf folgende Aufgaben. Der starke Baram ist durch und scheitert (64.), dann trifft Lior Garti aus dem Hinterhalt mit einem eher harmlos wirkenden Schuss zum 4:1 (68.). Sheradskys Freistoß geht drüber (70.), die Deutschen schaffen nur noch einmal Entlastung, als Sönke Wortmann auf Jan Brandt ablegt, der aber drüberschaufelt (75.). Im deutschen Mittelfeld überzeugt wie üblich Nussbaumeder durch Dynamik und Kampfkraft, das Spiel insgesamt wird jedoch hektischer, auch zerfahrener. Gibt es Ballstafetten, dann sind sie unbedingt von den Israelis. Nir Baram köpft an die Latte, beim Abpraller wird er vehement von Keeper Ostermaier attackiert, der dritte Elfmeterpfiff ist die logische Folge. Uri Sheradsky hat gut zugeguckt, und so schiebt auch er den Ball in die rechte untere Ecke wie zuvor die beiden deutschen Schützen, nur noch 4:2 in der 77. Minute. Kurz darauf Doppelpass Shiron und Baram, Ostermaier wirft sich dazwischen, verhindert den Anschlusstreffer.

Dann endlich ist die Drangperiode überwunden, das Spiel geht in eine ausgeglichen, wenn auch nicht hochklassige Schlussphase. Torchancen in den letzten zehn Minuten: nein. Als der Schlusspfiff ertönt, haben die Zuschauer zwei unterhaltsame und grundverschiedene Halbzeiten gesehen. Dankbarer Applaus für eine überlegen herausgespielte Führung hier, für eine starke Aufholjagd dort. Und Shakehands everywhere.

Spielbericht: Jan Böttcher

Aufstellung:

Ostermaier – Schieke, Siemens, Roloff, Richter – Döring, Kron, Nußbaumeder, Kröchert – Bönt, Rinke (Einwechslungen: Klupp, Wortmann, Brandt, Schmidt, Willmann, Zehrer) Trainer: Kuper.

Tore:

1:0 Bönt (EM) (26.), 2:0 Rinke (29.), 3:0 Siemens (EM) (43.), 4:0 Bönt (50.), 4:1 Garti (68.), 4:2 Sheradsky (77.).

Termine



Alle Infos zu "Fußball ist unser Lieben", hrsg. von Albert Ostermaier, Norbert Kron und Klaus Caesar Zehrer, Suhrkamp 2011, hier!


Alle Infos zu Titelkampf, hrsg. von Albert Ostermaier, Moritz Rinke und Ralf Bönt, Suhrkamp 2008, gibt es hier!

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