READING GÖTEBORG – ein BOK MÄSSAN-Bericht in drei Kapiteln

von Andreas Merkel

1. Kapitel Freitag

Colonel Zehrer hat uns knallhart eine Stunde nach dem Papstabflug nach Tegel bestellt, damit er noch in Ruhe ein bisschen in der Sonne Goethe lesen kann: in einer dieser wetterfest eingeschweißten Stadtbüchereiausgaben, die immer so schön nach Schule und Wurstbrot riechen. Das Buch handelt von „Schattendasein und Scheinleben, von widrigen Umständen und Ereignissen belastet, ohne die Chance auf eigene Entfaltung…“ Da kann der allgemeine Autonama-Autor natürlich nur drüber lachen.

Knappe Airberlin-Stunde später werden wir in Landvetter/Göteborg von den beiden supernetten und superkompetenten Botschaftsmitarbeitern Jan-Thede Domeyer und Valle Wiggers begrüßt, die uns bald schon wie beste Freunde durchs Wochenende begleiten sollen. Wir sind hier auf Einladung des Auswärtigen Amts, der Deutschen Botschaft und des Schwedischen Teams. Großer Dank weit über diesen einen Satz hinaus an alle in ihm Vorkommenden!

Angedacht ist, bei einem „Miniturnier“ (Frederik Ekelund) Schweden und Norwegen zu schlagen, auf der Buchmesse mittels zweier Lesungen die schwedischen Rechte an „Fußball ist unser Lieben“ zu verkaufen und vielleicht sogar ganz allgemein mit unserem persönlichen Auftreten (sympathisch, weltoffen, trinkfest) dazu beizutragen, ein bißchen von den Schweden „zurückgeliebt zu werden“ (Thomas Steinfeld in der SZ).

Während Jonathan Franzen auf der Messe über Realismus redet, halten wir ein erstes lockeres Training auf dem Sportplatz Heden ab, wo auch morgen das Turnier sein wird. Coach Döring gibt den frühen Dettmar Cramer mit Haaren, Jungstar Ben „Train“ Wells meldet sich auf das prächtigste mit einer Blutgrätsche im Kampf um die Stammplätze zu Wort. Schmiddy und Kronsteiger werden vorzeitig auf die Messe abkommandiert, um Franzen abzulösen.

Der Rest läuft locker aus und zurück ins „First Hotel“ (anschlagssicher mit nicht zu öffnenden Fenstern direkt über der Central Staionen gelegen). Herrlicher Nationalmannschafts-Alltag: Duschen, Essen, 21 Uhr Bettruhe für Jochen!

Ein paar gehen noch auf die große Bok Mässan-Party. Erste Erfahrungen mit Starköl, ein bärtiger Schwede singt dazu ganz wunderbar Hank Williams über Elektrobeats, da kann sich Frankfurt noch eine Scheibe abschneiden!

2. Kapitel Sonnabend

Hier macht der Schüleraufsatz kurz mal Pause.

Wir gewinnen gegen Schweden in einem furiosen Match 3:1 (Tore Hakan, Strathmann, Hakan!). Die anschließende Matchpause bringt den Sieger aber eher aus dem Tritt, während Schweden und Norwegen sich ein torloses Unentschieden abringen und unsere Trikots über der Torlatte nicht trocknen.

Also verlieren wir im letzten Spiel des Tages unglücklich gegen überlegene Norweger 0:2, zumal Capitano Nußbaumeder schon nach wenigen Minuten verletzt raus muß: Zerrung oder Muskelfaserriß („weh tut’s schon“!).

Letztlich spielen aber alle am Limit und im kicker-Noten-Bereich 2 aufwärts.

Auch wenn einzelne Spieler vielleicht immer noch glauben, „wenn sie extra lang den Ball halten“ (Holger Stanislawski) oder “It’s the FIVE-METER-ROOM!” brüllen, nur weil sie von dem fiesen Brecher mit der Nr. 7 ebendort ballfangend umgenietet wurden, würden sie in diesem Bericht auftauchen. Aber dieser Gefallen kann ihnen hier nicht erfüllt werden.

Alles in allem drei super Spiele auf im Autorenfußball selten gesehenen Niveau.

Und auch der „Spaß“ (Klaus Döring noch am Morgen auf der Mannschaftsbesprechung) kam nicht zu kurz!

Abends geselliges Beisammensein dreier Teams im Restaurant „Gamle Port“ und anschließend in der Buchmessenabsack-Hotelbar auf Göteborgs Park Avenue. Intensiver literarischer Austausch bei frischem Starköl.

3. Kapitel Sonntag

Wiederaufnahme des Schüleraufsatzes: Am Abschlußtag leichtes Frühstück im Hotel. Ein paar fahren mit der Tram an die Ostsee, andere gehen in der sonnigen Innenstadt noch einen Kaffee trinken (s. Foto). Über uns Hubschrauber, heute ist das Spitzenspiel um die Meisterschaft, Helsingör ist ganz vorne mit dabei. Ein paar freundliche Fans in harmlosen Schals.

Wir machen den Abflug. Danke!

Termine



Alle Infos zu "Fußball ist unser Lieben", hrsg. von Albert Ostermaier, Norbert Kron und Klaus Caesar Zehrer, Suhrkamp 2011, hier!


Alle Infos zu Titelkampf, hrsg. von Albert Ostermaier, Moritz Rinke und Ralf Bönt, Suhrkamp 2008, gibt es hier!

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